Wie der Vater so der Sohn
Aus Leidenschaft zum schweren Gerät: Vater und Sohn gründen Familienunternehmen in Roxförde
Während die Maschine heranrollt, drücken die Baggerketten einen typischen Abdruck in die weiche Erde. Der lange Arm fährt aus und die Schaufelklappen öffnen sich bis zum Anschlag. Hebel werden nach vorn gekippt, Knöpfe gedreht und Pedalen durchgedrückt - der Mann in der Fahrerkabine, konzentriert sich, denn die schwere Baumaschine steht auf unebenem, nassem Terrain. Hier wird später einmal ein Gebäude stehen. Um die Baugrube auszuheben, muß er viel Boden abtragen. Die Schaufelklappen mit den Spitzen graben sich kräftig in die Erde. Ein Metallmaul voll Dreck schwingt durch die Luft. Ein paar kleine dunkle Klumpen fallen hinab. Das Maul öffnet sich und spuckt den Inhalt einige Meter entfernt vom Erdloch aus. Baggeralarm!
Die Gerkes lieben diese Szenen. Und alles, was mit schwerem Gerät zu tun hat. In den Geräten mit den vielen PS unter der Haube, ruht eine Kraft. Sie zu beherrschen, bedarf es fahrerischem Können und Fachwissen. Und das Gefühl, etwas mitgestaltet zu haben - ob nun am Bau von Hochhäusern oder Pflasterwegen - das gefällt dem Vater-Sohn-Team.
Ein Beruf, drei Generationen
Die Leidenschaft zu großen Baumaschinen wurde von Generation zu Generation vererbt: Opa, Vater, Sohn - jeder erlernte den Beruf des Baumaschinisten, alle lieben es, schwere Geräte zu bedienen. „Mein Vater nahm mich schon als Kleinkind auf den Schoß und so lernte ich Baggerfahren“ erzählt der 53-jährige Sven Gerke. Und lächelnd wiederholt Sohn Philipp den Satz. Die beiden verstehen sich gut. „Es vergeht kein Tag, an dem wir uns nicht sehen“, erklärt Philipp Schneider. Er hat in Roxförde neben dem Wohnhaus seines Vaters, in dem auch die Großeltern leben, gebaut.
Die beiden liegen nicht nur privat, sondern auch mit ihrem Berufsverständnis auf einer Wellenlänge. Lange arbeiteten sie sogar im gleichen Unternehmen. Zum 31. Dezember kündigten nun Vater Sven und Sohn Philipp ihre Angestelltenjobs, um ab 1. Januar 2019 in der gemeinsamen Firma „Baggerbetrieb Gerke & Sohn“ im Ortsteil Roxförde auf eigenen Beinen zu stehen.
Von der Pike Auf
Vater Sven bringt 35 Jahre Erfahrung mit. Baumaschinist hat er von der Pike auf gelernt. Alle größeren Baumaschinen vom Radlader, Bagger, Dumper, Autokran, kann er fahren. Schon zu DDR-Zeiten arbeitete er auf Großbaustellen, außerdem im Ausland. Die Erdgastrasse in der ehemaligen Sowjetunion gehört dazu. Bereits 2016 machte er sich als Kleinunternehmer selbständig. „Ich wollte erst einmal Erfahrungen sammeln und das Gefühl für die Selbständigkeit entwickeln“, erklärt der Unternehmer. Nach und nach kamen mehr Aufträge. Manche Anfragen mußte er ablehnen, weil sie ihn in der Nebentätigkeit zu viel Zeit gekostet hätten. „Das bestätigte meine Entscheidung, in die Vollselbständigkeit zu gehen“, meint er. Und einen besseren Partner als seinen Sohn hätte er sich nicht wünschen können. „Philipp hat besonderes Talent in der Baggerführung. Manche lernen es nie, aber er setzt sich da drauf und es läuft“ berichtet der Vater stolz. Die beiden wertschätzen sich gegenseitig. „Von ihm habe ich das gelernt, was ich heute kann“, meint Philipp „zudem kennt er die Preise, verhandelt gut mit Kunden und kann noch vor Ort Abschlüsse machen“, fügt er anerkennend hinzu.
bei der Familie sein
Philipp, der Spezialist für Großmaschinen, fühlt sich auf allen Baustellen-Baggern zu Hause. Der Baumaschinist war bereits mit 20 Jahren europaweit auf Montage. Acht Jahre Spezialtiefbau liegen hinter ihm. Auch auf Europas größter Baugrube, dem Überseequartier in Hamburg, hat er gebaggert. Eine besondere Baumaschine ist für ihn der Schlitzwandbagger. Hier gilt er mittlerweile als Spezialist. Im vergangenen Jahr ist er Vater einer Tochter geworden. „Ich möchte etwas ruhiger treten und mehr bei der Familie sein“, erklärt der 28-Jährige. Deshalb sprechen sie mit ihrem Angebot Privatkunden aus der Region an. Darunter fällt das Ausheben von Baugruben, der Abriss von Gebäuden, bis zu Straßen- und Pflasterarbeiten. Zudem bieten sie Garten- und Landschaftsbau, sowie Hausmeistertätigkeiten an. Ab 2020 kommen Brunnenbohr- und Sondierungsarbeiten dazu. Die Fachleute im Erd- und Spezialtiefbau vermieten ihre Bagger - mit und ohne Bedienung. Zwei Minibagger und ein Transporter mit Anhänger gehören zur Firma. Benötigen Gerkes für einen Auftrag einmal schweres Gerät, wird das bei Firmen angemietet, die überwiegend aus Sachsen-Anhalt stammen. Für Fachfirmen sind sie weiterhin als Bedienpersonal von diversen Baumaschinen tätig. Und auch Zukunftspläne haben die Unternehmer geschmiedet. Im kommenden Jahr, wenn Philipp Schneider seinen Brunnenbohrmeister „in der Tasche“ hat, werden sie Mitarbeiter einstellen. Und wer weiß, vielleicht sitzt dann schon die vierte Generation auf Papas Schoß und entdeckt den Spaß am Baggern. Dann würde die Berufstradition weitergeführt. Nur erstmals gäbe es dann mit Schneiders Tochter Frieda eine Baumaschinistin in der Familie!